„Gretchen 89ff“: der ungewöhnliche Titel geht auf die Reclam-Ausgabe von Goethes Faust I zurück. Auf Seite 89 folgende findet sich die sogenannte Kästchenszene („Margarethe, ziemlich durcheinander“), jene Szene, die in Lutz Hübners Stück von diversen Regisseuren und Schauspielerinnen geprobt wird und gleichsam den Aufhänger für eine überaus unterhaltsame Charakterstudie im Theatermilieu bildet. Hübner zeigt Schauspielerinnen, wie man sie kennt und liebt, pointiert, mitunter auch etwas überspitzt charakterisiert. Da sind unter anderem die Diva („Herrgottnochmal, in diesem Kaff ein Taxi zu kriegen scheint ja ein Ding der Unmöglichkeit zu sein.“) oder die Anfängerin („Guten Morgen, Herr Riedel, ich hab da ... ich hab da einige Schwierigkeiten mit der Szene ...“) aber auch Regisseur-Typen, wie sie von Schauspielerinnen und Schauspielern geliebt – oder gefürchtet – werden. Da gibt es den Freudianer, den Streicher, den alten Haudegen, den Schmerzensmann oder auch das wianerlnde, durch und durch faunische Tourneepferd, gleichsam ganz oben auf der #MeToo-Kandidatenliste. Letztere Rolle war in dieser Produktion der Theater-AG des Taunusgymnasiums in der Inszenierung von Stefanie Berg mit Maximilian Beck grandios besetzt – nicht minder virtuos spielte Henriette Hammerschmitt den Konterpart, eine Schauspielerin, die sich in der schier ausweglosen Notlage befindet, den aufdringlichen Annäherungsversuchen des Regisseurs ausweichen zu müssen, ohne ihn zu verprellen. Alle Darsteller im Stück waren mit mehreren Rollen betraut, so auch Mara Damberger (Anfängerin, Schauspielerin, Requisiteurin), Josefine Jungnickel (Regisseurin, Diva, Schauspielerin), Katharina Miers (Schauspielerin, Hospitant), Lorena Wack (Schauspielerin, Schmerzensmann) und Laura Reul (Streicherin, Schauspielerin). Plastisch charakterisierten die Akteurinnen Hübners Figuren, das mitunter nicht ganz einfache „Umschalten“ zwischen den verschiedenen Partien meisterten sie brillant. Begeisterter Applaus belohnte einen sehr unterhaltsamen Abend mit tollen schauspielerischen Leistungen. Johannes Vogel und Esrom Berhane ließen die Dinge im rechten Licht erscheinen.  

 

 

 

 

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