Es ist die Liebe zu sprachlicher Spielerei und Spitzfindigkeit, zu feiner Ironie und zum Humor im Allgemeinen, die Franz-Peter Budde einmal im Jahr auf die Bühne des Theatersaals im Taunusgymnasium treibt. „Deutsch für Semantiker“ nennt er die Veranstaltung, die er zusammen mit einigen seiner Schülerinnen und Schüler gestaltet, die offenbar seine linguistisch-literarische Leidenschaft teilen. Mit dabei war auch ein ehemaliger Schüler des Taunusgymnasiums, Kevin Haubitz, zuständig gleichermaßen für Textvortrag und „Melodie“ am Klavier: Er eröffnete den Abend mit dem zaghaften Versuch, dem Publikum Bachs C-Dur-Präludium aus dem Wohltemperierten Klavier zu Gehör zu bringen, wurde aber sogleich von Sarah Wezel mit einer Klavierversion von Ray Charles‘ „Hit the Road Jack“ temperamentvoll von der Klavierbank geschubst.

 

Die Drei-Nuller-Auflage von „Deutsch für Semantiker“ greift nur begrenzt auf frühere Nummern zurück, das meiste im Programm war neu. Zusammen gestalteten Franz-Peter Budde und seine Schüler einen etwa anderthalbstündigen Abend mit originalen und umgetexteten Songs („Atemlos zum Abitur“), Wortspielen nach dem Gernhardtschen Prinzip („Paulus schrieb ...“), sinnfreien und hintersinnigen Gedichten, selbstgeschriebenen und entlehnten Sketchen. Der Sketch „Killerbäckerin“ etwa durchzieht das Programm in drei Episoden, die nach einem immer wiederkehrenden Muster verlaufen: Eigentlich möchte ein Kunde (Julius Degenkolb) in der Bäckerei nur ein paar Brötchen – oder ähnliches – kaufen, regelmäßig allerdings wird er von der neugierigen Bäckerei-Fachverkäuferin penetrant in der dritten Person Einzahl („er“) angesprochen und verbal in die Zange genommen; zudem stellt sie lauthals und alles andere als diskret allerlei Mutmaßungen darüber an, warum er nun genau dieses Produkt und nicht vielleicht ein anderes möchte, warum er erst jetzt und nicht schon früher in die Bäckerei gekommen sei und, und, und. Amelie Raniowska schien in dieser Rolle förmlich aufzugehen.

In Erinnerung blieb eine „Max und Moritz“-Paraphrase (gelesen von Carina Hofstetter), in der die beiden bösen Buben ob des versiegenden elterlichen Geldflusses Ausschau nach einer Geschäftsidee halten und fündig werden: Als „Mex und Morris“, so der Plan, würden sie „richtig Kohle machen mit Consulting und so Sachen.“ Zu ihren Klienten zählen dann die allseits bekannten Figuren der Originalgeschichte. Einer der Sketche spielt im Computer-Laden, der von einem Schreibmaschinenbesitzer (Franz-Peter Budde) in der Absicht aufgesucht wird, sein anachronistisches Schreibgerät zur Reparatur zu geben. Das Digital-Native-Fachpersonal (Tim Schmitt) hat ganz offensichtlich alle Brücken zur reinen Mechanik hinter sich abgebrochen. So versucht man dem Schreibmaschinenbesitzer, der über einen hängenden Typenhebel klagt, mit allerlei Hilfestellungen aus der Welt der Computer – etwa bestimmten Tastenkombinationen für einen Reboot – zur Hand zu gehen: Unverständnis allenthalben, zwischen diesen Welten liegen Welten. In einer ganz anderen Welt treffen sich dann Karl Marx (Budde) und Friedrich Engels (Kevin Haubitz) wieder, im Himmel nämlich, wo Marx resigniert feststellt, dass wegen der Abwesenheit von Kapital seine Kernkompetenz genauso wertlos sei wie das Geld an sich. Dabei vertritt er durchaus die Auffassung, am richtigen Platz untergekommen zu sein: Schließlich hätten ja beide, er und sein Freund Friedrich, eine „Wahnsinns-Lebensleistung“ vollbracht. Und so schwelgen die beiden in Erinnerungen und sinnieren des Längeren und Breiteren über Vollbrachtes und Gescheitertes, Erreichtes und Unerreichtes, Großes und Banales.

Weitere Aufführungen folgen am Freitag, dem 22. März (Adelheidsaal der Ev. Kirchengemeinde) und am Freitag, dem 29. März im Theatersaal des Taunusgymnasiums.

Das Königsteiner Semantiker-Ensemble: Julius Degenkolb, Amelie Raniowska, Anne Burkhardtova, Carina Hofstetter, Alea Mesterharm, Arvin Graf, Tim Schmitt, Zeeba Dilawar, Amira Avduli, Sara Wezel, Hella Todt, Johannes Vogel (Technik), Kervin Haubitz (Melodie)

 

 

 

 

 

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.