Im Rahmen der „Königsteiner Schulgespräche“ kam am 20. Oktober 2025 ein ganz besonderer Gast ans Taunusgymnasium: die renommierte KI-Expertin Prof. Dr. Doris Weßels, die mit ihrem spannenden Vortrag eine interessierte Zuhörerschaft aus Eltern, Schülerinnen und Schülern sowie Lehrkräften anzog. Die Wirtschaftsinformatikerin und langjährige Professorin an der Fachhochschule Kiel sprach zum hochaktuellen Thema „Schule im Zeitalter generativer KI" – und machte eindrücklich deutlich, dass sich die Bildungslandschaft in einer Phase des fundamentalen Wandels befindet.
Prof. Weßels, die auch Mitgründerin des virtuellen Kompetenzzentrums VK:KIWA ist und die Bundesregierung in KI-Fragen berät, führte die Anwesenden durch ein vielschichtiges Spannungsfeld: zwischen den enormen Möglichkeiten, die künstliche Intelligenz für das Lernen bietet, und den Herausforderungen und Risiken dieser Technologie.
Zu Beginn verdeutlichte Prof. Weßels die schwindelerregende Geschwindigkeit der KI-Entwicklung. Während das Internet etwa 13 Jahre benötigte, um 800 Millionen Nutzer zu erreichen, schaffte ChatGPT dies in weniger als zwei Jahren. Die Expertin erläuterte die fünf Entwicklungsstufen auf dem Weg zur Künstlichen Allgemeinen Intelligenz – von einfachen Chatbots über Reasoners mit Problemlösungsfähigkeiten bis hin zu autonomen Agenten-Systemen.
Laut dem Deutschen Schulbarometer 2025 nutzen bereits mehr als die Hälfte der befragten Lehrkräfte KI-Tools für Unterrichtsvorbereitung oder Differenzierung. 65 Prozent der KI-nutzenden Lehrkräfte erkennen Potenziale für individualisierte Lernunterstützung. Gleichzeitig machte die Referentin auf erhebliche Herausforderungen aufmerksam: KI liefere keine faktische Wahrheit, sondern nur statistische Wahrscheinlichkeit, die Trainingsdaten enthielten Verzerrungen, und über ein Viertel der Schulen hätten keine KI-Regeln. Prof. Weßels verwies auch auf problematische Entwicklungen wie den „ChatGPT-Stift" zum Schummeln oder die emotionale Bindung junger Nutzer an KI-Chatbots.
Ein Höhepunkt des Vortrags war der Blick ins Ausland. Estland startete 2025 die staatliche Initiative „AI Leap", Israel erklärte 2025 zum „Jahr der KI-Revolution", Indien führte das KI-Lernprogramm „SOAR" ein, und die Vereinigten Arabischen Emirate machten KI zum eigenständigen Schulfach vom Kindergarten bis zur 12. Klasse. Im Vergleich dazu zeigte Prof. Weßels den deutschen Flickenteppich verschiedener Bundesländer-Initiativen ohne einheitliche Strategie.
Prof. Weßels appellierte, KI-Kompetenzen als essenziellen Bestandteil zukunftsfähiger Bildung zu begreifen. Schulen müssten Dreh- und Angelpunkt für verlässliche Informationen und kritische Reflexion bleiben. Nur so könnten junge Menschen lernen, KI verantwortungsvoll zu nutzen. Nach dem Vortrag entspann sich eine lebhafte Diskussion, in der Prof. Weßels sich ausführlich Zeit für die Fragen des Publikums nahm. Der Abend machte deutlich: Die Auseinandersetzung mit Künstlicher Intelligenz ist keine ferne Zukunftsmusik mehr, sondern eine drängende Aufgabe der Gegenwart. (Rmy)
 
                                    
                                 
                                    
                                 
                                    
                                